USA verhängen Stahl-Schutzzölle

"Stahlbranche ist nicht der Wilde Westen"
Böhler-Uddehom nicht- Voestalpine nur marginal betroffen
US-Stahlindustrie und Gewerkschaften glücklich
Russland erwartet hohe Einbußen

US-Präsident George W. Bush hat Stahlimporte mit hohen Strafzöllen belegt und damit eine neue Runde von weltweiten Handelskonflikten eingeläutet - Russland stoppte bereits Hühnereinfuhren aus den USA

EU-Handelskommissar Pascal Lamy zog einen Vergleich aus der amerikanischen Geschichte heran: "Der Stahlmarkt ist nicht der Wilde Westen, wo jeder nach Lust und Laune handeln kann." Adressat dieser Feststellung am Mittwochmittag in Brüssel war US-Präsident George W. Bush. Der hatte am Dienstag, wie erwartet, die Verhängung von Importzöllen zwischen acht und 30 Prozent auf Stahlprodukte verkündet - zum Schutz der US-Stahlindustrie.

Die Zölle sollen vom 20. März an für drei Jahre gelten und zehn verschiedene Gruppen von Stahl erfassen. Außer den EU-Staaten sind unter anderem auch Brasilien, Südkorea, Russland, China und Australien davon betroffen. Die Mitgliedsländer der Nordamerikanischen Freihandelszone Nafta - Kanada und Mexiko - bleiben ausgespart, ebenso eine Reihe von Entwicklungsländern.

EU ist das Hauptopfer

"Die EU ist das Hauptopfer dieser Maßnahmen", hob denn auch Kommissar Lamy hervor. Er kündigte an, sofort ein Verfahren bei der Welthandelsorganisation WTO gegen die USA einzuleiten. Auch aus den europäischen Hauptstädten meldete sich Protest, so vom deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und von Frankreichs Präsident Jacques Chirac. Österreichs Wirtschaftsminister Martin Bartenstein warnte vor einer Eskalation und einem Handelskrieg.

Aus Brüssel kamen am Mittwoch bereits Signale in diese Richtung. Der EU-Handelskommissar stellte schon eine Suspendierung von Zollerleichterungen für die USA in Aussicht, sollte Washington nicht für Kompensationen für die neuen Maßnahmen im Stahlsektor sorgen. Konkreter wollte Lamy aber nicht werden, dazu sei es zu früh. Solch tief greifende Entscheidungen in der EU-Außenhandelspolitik müssen ohnehin vom Ministerrat beschlossen werden.

Handelsströme

Der Kommissar kündigte indes noch eine weitere Prüfung an. "Wir werden unseren eigenen Markt gegen das Risiko schützen müssen, dass die Stahlhandelsströme, die nicht mehr in die USA gelangen, hierher umgeleitet werden", so Lamy. Die Kommission werde sich am kommenden Dienstag mit den EU-Mitgliedstaaten beraten. Sobald es Hinweise darauf gebe, dass die Importe in die EU stiegen, würden vorläufige Maßnahmen eingeleitet, sagte Lamy.

Für die anstehende Streitschlichtung vor der WTO gab sich der Kommissar optimistisch: "Den Fall werden wir höchstwahrscheinlich gewinnen." Lamy wurde allerdings nicht müde zu betonen, dass sich die EU bei all ihren Gegenmaßnahmen immer an die Vorschriften der Welthandelsorganisation halten werde. "Unsere politische Antwort ist multilateral", so Lamy. Dabei stehe die EU auch in Kontakt mit Japan, China, Brasilien und Südkorea.

Keine Gefahr für EU-Kandidatenstaaten

Für die EU-Kandidatenstaaten sieht Lamy keine besondere Gefahr aus den US-Zöllen erwachsen. Dafür habe die Kommission im Vorfeld der amerikanischen Entscheidung auch ein besonderes Lobbying betrieben. "Nach dem Profil, das die US-Maßnahmen haben, wird es den Beitrittsstaaten besser gehen als den EU-15", so Lamy. Auf die Restrukturierungsprogramme, mit denen die Kandidatenländer derzeit ihre Stahlindustrien auf den EU-Beitritt vorbereiten, habe der Beschluss der USA keinen Einfluss. Die amerikanischen Importzölle treffen hochwertigen Stahl insgesamt härter als einfachere Produkte.

Lamy widersprach noch einmal der Behauptung der US-Regierung, sie habe wegen einer Zunahme der Importe die neuen Zölle erheben müssen. Jedenfalls die Importe aus der EU seien seit 1998 immer gleich hoch geblieben, so der Kommissar - rund vier Millionen Tonnen pro Jahr.

Lamy betonte, dass diese nicht das erste Mal sei, dass es mit den USA Streit über Stahl gibt. Seit 2000 sei Washington bei der WTO in fünf Fällen unterlegen. "Der Grund für die Konflikte sind Strukturprobleme der US-Stahlindustrie."

Quelle: DerStandard 06.03.2002

Schätzungen: Exporte um 100 Millionen Dollar aus Österreich

Die vom österreichisch-schwedischen Edelstahlhersteller Böhler-Uddeholm gelieferten Qualitäten finden sich nicht auf der Liste der Schutzzölle, die die US-Administration von George W. Bush über Stahlimporte verhängt hat. Böhler-Uddeholm exportiert pro Jahr etwa 20.000 Tonnen Langprodukte in den nordamerikanischen Raum, hauptsächlich Werkzeugstahl und Schnellarbeitsstahl.

Der Vorstandsvorsitzende von Böhler-Uddeholm, Claus Raidl, sagte dazu laut Aussendung: "Wir sind erleichtert, dass wir von dieser protektionistischen Maßnahme nicht betroffen sind und wir wollen in den nächsten Jahren unsere Präsenz in diesem wichtigen Markt noch weiter ausbauen".

Voestalpine: Keine direkten Negativfolgen

Aus Sicht der voestalpine AG sind die von US-Präsident George W. Bush gestern angekündigten Schutzzölle auf Stahlimporte "noch nicht gegessen". Bei voestalpine gehe man davon aus, dass die Zölle nicht im angekündigten Umfang umgesetzt werden, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Wolfgang Eder Mittwoch nachmittag zur APA. Wie bereits gemeldet, ist voestalpine in den USA nur marginal durch Direktlieferungen betroffen, da die meisten Exportqualitäten nicht auf der gestern veröffentlichten Schutzzollliste stehen.

Unmittelbare oder kurzfristige Auswirkungen seien daher für voestalpine nicht gegeben, sagte Eder. Schlimmstenfalls sehe er einen Druck auf die Preise in Europa durch umgeleitete Importe, und möglicherweise eine leichte Verzögerung des sich abzeichnenden Aufschwungs der europäischen Stahlkonjunktur.

Exporte um 100 Millionen Dollar

Die USA importieren in den 16 Stahl-Produktgruppen, welche Gegenstand der Entscheidung des Präsidenten waren, jährlich Produkte um rund zwölf Mrd. Dollar (13,87 Mrd. Euro). Davon kommen Produkte um 2,6 Mrd. Dollar aus der EU, aus Österreich Produkte um rund 100 Mill. Dollar.

Wien/Linz - Die vom österreichisch-schwedischen Edelstahlhersteller Böhler-Uddeholm gelieferten Qualitäten finden sich nicht auf der Liste der Schutzzölle, die die US-Administration von George W. Bush über Stahlimporte verhängt hat. Böhler-Uddeholm exportiert pro Jahr etwa 20.000 Tonnen Langprodukte in den nordamerikanischen Raum, hauptsächlich Werkzeugstahl und Schnellarbeitsstahl. Der Vorstandsvorsitzende von Böhler-Uddeholm, Claus Raidl, sagte dazu laut Aussendung: "Wir sind erleichtert, dass wir von dieser protektionistischen Maßnahme nicht betroffen sind und wir wollen in den nächsten Jahren unsere Präsenz in diesem wichtigen Markt noch weiter ausbauen". Voestalpine: Keine direkten Negativfolgen Aus Sicht der voestalpine AG sind die von US-Präsident George W. Bush gestern angekündigten Schutzzölle auf Stahlimporte "noch nicht gegessen". Bei voestalpine gehe man davon aus, dass die Zölle nicht im angekündigten Umfang umgesetzt werden, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Wolfgang Eder Mittwoch nachmittag zur APA. Wie bereits gemeldet, ist voestalpine in den USA nur marginal durch Direktlieferungen betroffen, da die meisten Exportqualitäten nicht auf der gestern veröffentlichten Schutzzollliste stehen. Unmittelbare oder kurzfristige Auswirkungen seien daher für voestalpine nicht gegeben, sagte Eder. Schlimmstenfalls sehe er einen Druck auf die Preise in Europa durch umgeleitete Importe, und möglicherweise eine leichte Verzögerung des sich abzeichnenden Aufschwungs der europäischen Stahlkonjunktur. Exporte um 100 Millionen Dollar Die USA importieren in den 16 Stahl-Produktgruppen, welche Gegenstand der Entscheidung des Präsidenten waren, jährlich Produkte um rund zwölf Mrd. Dollar (13,87 Mrd. Euro). Davon kommen Produkte um 2,6 Mrd. Dollar aus der EU, aus Österreich Produkte um rund 100 Mill. Dollar. Handelsexperten schätzen, dass bei einem Schutzzoll von 30 Prozent rund 75 Prozent der Importe nicht stattfinden würden. Durch diese Nichtimporte, höhere Preise und ein höheres Marktvolumen in den USA soll die US-Stahlindustrie die nötigen Mittel für eine Restrukturierung gewinnen. Die US-Entscheidung, bis zu 30 Prozent Schutzzölle auf Stahlimporte zu erheben, hat nach Expertenansicht die pessimistischen Erwartungen Europas noch übertroffen.

Quelle: DerStandard 06.03.2002

Verarbeitungs-Unternehmen sind verärgert

Die amerikanische Stahlindustrie und die Stahlarbeitergewerkschaft haben die von Präsident George W. Bush angekündigten Importzölle für Stahl am Dienstag begrüßt. Die Stahl verarbeitende Industrie zeigte sich dagegen erwartungsgemäß verärgert.

"Das ist nicht nur für die Industrie wichtig, sondern auch für unsere Volkswirtschaft und unsere nationale Sicherheit", sagte Thomas Usher, Verwaltungsratsvorsitzender von US Steel Corp, dem größten amerikanischen Stahlproduzenten. Die Stahlarbeitergewerkschaft USWA zeigte sich auch zufrieden. Die Zölle "machen uns Hoffnung, dass die amerikanische Stahlindustrie gerettet werden kann", teilte sie mit.

Verarbeitende Industrie verärgert

Die Stahl verarbeitende Industrie warf Bush vor, einzig die Stahlpreise in die Höhe treiben zu wollen. Die Entscheidung habe die amerikanischen Produzenten verärgert, teilte die Koalition der Stahlnutzer, CITAC, mit. "Ihre Interessen sind in den verzweifelten politischen Anstrengungen, die Stahlproduzenten und ihre Gewerkschaften zu besänftigen, untergegangen", hieß es in der Stellungnahme.

Bush hatte Importzölle von bis zu 30 Prozent auf verschiedene Stahlkategorien angekündigt. Die Zölle sollen für drei Jahre in Kraft bleiben. Die Europäische Kommission hatte bereits vorher protestiert und Gegenmaßnahmen angekündigt. Die zuständigen EU-Kommissare wollten am Mittwoch in einer Sondersitzung über eine Reaktion beraten. Einige Länder wie Kanada, Mexiko, Argentinien und andere kleinere Lieferanten sind von den Zöllen ausgenommen. Betroffen sind vor allem die EU, China, Taiwan und Südkorea.

Quelle: DerStandard 06.03.2002

 

Schaden bis zu 400 Millionen Dollar jährlich

Russland erwartet nach den von der US-Regierung angekündigten Schutzzöllen auf Stahlprodukte hohe Einbußen für die eigene Metallbranche. Der Schaden für russische Exportunternehmen könne sich auf 400 Mill. Dollar (462 Mill. Euro) pro Jahr belaufen, sagte Ministerpräsident Michail Kasjanow am Mittwoch in der Region Kaliningrad. Russland plane derzeit aber keine Gegenmaßnahmen als Reaktion auf die "ungerechten" Schutzzölle.

Die Ankündigung von US-Präsident George W. Bush sei in Verbindung mit einer "notwendigen Stabilisierung der US-Wirtschaft in dieser schwierigen Zeit" zu verstehen, sagte der Regierungschef. Russland betrachte die angekündigten Schutzzölle deshalb "nicht als Schritt, der zu einem Handelskrieg führt", betonte Kasjanow nach Angaben der Agentur Itar-Tass. 2001 exportierte Russland 2,24 Mill. Tonnen Eisen und Stahl in die USA.

Quelle: DerStandard 06.03.2002