Liberalisierung

 

Liberalisierung am Strommarkt

 

Liberalisierung

 


Die Anforderungen der EU-Richtlinie Elektrizität
Mit dem In-Kraft-Treten des neuen Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetzes (ELWOG) am 19. 2. 1999 begannen die Liberalisierungsprozesse.
Auslöser für diesen Prozess waren zwei Maßnahmenpakete, die auf die Schaffung eines einheitlichen und liberalisierten Strommarkt. Zum Einen wurde die Abschaffung künstlicher Marktzugangsbarrieren in Form von Ausschließungsrechten zur Stromversorgung gefordert. Zum Anderen schufen sie die Öffnung des bestehenden Netzes für jeden Anbieter.
Dazu gehören auch Maßnahmen wie das „Unbundling“, das bedeutet die gesellschaftsrechtliche oder zumindest kaufmännische Trennung der betrieblichen Bereiche Erzeugung, Transport und Verteilung oder transparente Vereinbarungen der Durchleitungsentgelten.

EU-Binnenmarktrichtlinien:

Beschluss der Richtlinie durch das Europäische Parlament 11.12.1996
Beschluss der Richtlinie durch den Ministerrat 19.12.1996
Inkrafttreten der Richtlinie nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU 19.07.1997
Nationale Umsetzungsfrist bis zum 29.02.1999
Mindestöffnung des EU-Strommarktes:
Um 23 % (max. Schwellenwert für Jahresstromverbrauch: 40 Mio. kWh) 19.02.1997
Um 28 % (max. Schwellenwert für Jahresstromverbrauch: 20 Mio. kWh) 19.02.2000
Um 33 % (max. Schwellenwert für Jahresstromverbrauch: 9 Mio. kWh) 19.02.2003
"Anti-Ungleichgewichts-Klausel" läuft aus 2006
Neun Jahre Übergangsfrist zur Wahrung der Chancengleichheiten im Wettbewerb:
Bericht der Kommission nach viereinhalb Jahren
Weitere Stufe der Liberalisierung:
Europäische Kommission prüft anhand der gemachten Erfahrungen, ob EU-Strommarkt weiter geöffnet werden soll.
19.02.2006

Aus: Stromwirtschaft im Wettbewerb. Lehrerinformationen (o. A.). Arbeitskreis Schulinformation Energie (Hrsg.). 6. S.


Das österreichische Elektrizitätswirtschaft- und Organisationsgesetz (EL WOG)
Das ElWOG sieht in seiner derzeitig gültigen Fassung eine Öffnung des österreichischen Strommarktes in drei Stufen vor.
Am 19. Februar 1999 begann die erste Stufe:
Stromkunden, die mehr als 40 GWh Jahresverbrauch haben, dürfen sich ihren Stromlieferanten frei auswählen. Seit damals gibt es in Österreich 75 Großkunden die dieses Privileg haben.
Am 19. Februar 2000 begann die zweite Stufe:
Kunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 20 GWh haben nun die Möglichkeit ihren Stromversorger frei zu wählen. Somit sind weitere 70 Großkunden in der Lage ihren Stromlieferanten frei zu wählen.
Laut dem derzeitigen EIWOG beginnt die dritte Stufe der Strommarktöffnung am 19. Februar 2003. Ab diesem Zeitpunkt können sich Stromkunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 9 GWh ihren Lieferanten selbst auswählen. Diese Stufe wird etwa 160 Kunden den Weg in die frei Stromwirtschaft öffnen.
Insgesamt würden somit im Jahr 2003 ca. 300 Stromkunden von der Strommarktöffnung provitieren. 
Aufgrund der starken Dynamik des Energiemarktes wird das EIWOG bereits im Jahr 2000 novelliert werden. Inhalt dieser Novelle ist neben anderen grundlegenden Änderungen auch die Vorverlegung der völligen Liberalisierung des österreichischen Strommarktes. Diese Novelle soll laut politischen Diskussionen noch vor der Sommerpause 2000 vom Nationalrat beschlossen werden. Gemäß dieser Novelle haben alle Stromkunden ab 1. Oktober 2001 die Möglichkeit ihren Stromversorger frei zu wählen.
Aufgrund der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung der Energieversorgung wurde die bisherige allgemeine Anschluss- und Versorgungspflicht auch in der derzeit gültigen EIWOG festgeschrieben.
In manchen anderen Ländern wurde der Elektrizitätsmarkt bereits vollständig geöffnet. Da dies der jeweiligen Landesgesetzgebung obliegt, gibt es derzeit verschiedene Marktöffnungsgrade in den EU-Staaten.


Die bisherige Struktur der Elektrizitätswirtschaft
Bisher regelte des 2. Verstaatlichungsgesetz (1947) die Organisation der Elektrizitätswirtschaft. Aufgrund diese Gesetzes gab es eine Verbundgesellschaft mit ihren Sondergesellschaften, 9 Landesenergieversorger und 6 landeshauptstädtische Energieversorger, die ÖBB sowie weitere kleine private Energieversorger.
Die Verbundgesellschaft erzeugt in ihren 76 Kraftwerken mit 27 Mrd. Kilowattstunden fast die Hälfte des Stroms von Österreich und betreibt ein 3.600 km langes Höchstspannungsnetz für den überregionalen Transport und den europäischen Stromaustausch (Import – Export). Die Verbundgesellschaft war bzw. ist Vorlieferant für die regionalen Energieversorger, welche den Strom in ihren Versorgungsgebieten weiter verteilen. Doch auch die meisten Regionalversorger erzeugen einen Teil ihres Stromaufkommens mit eigenen Kraftwerken und beliefern darüber hinaus auch die kleineren Energieversorger in den Bundesländern.

Abb. 1a: Organisation der österreichischen E-Wirtschaft:



Vom Monopol zum Wettbewerb
Durch die schrittweise Öffnung des Strommarktes innerhalb der Europäischen Union und dem damit entstehenden Wettbewerb, versprechen sich die Experten sinkende Energiepreise und effizienteren Einsatz der Ressourcen, was zur Stärkung der europäischen Wirtschaft beitragen soll.
Die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes wird jedoch durch die Speicherproblematik beim Strom erschwert. Da Strom nur bedingt und mit erheblichen Verlusten speicherbar ist, müssen die Stromversorgungsunternehmen „just in time“ produzieren und liefern.

Abb.1b: Elektritzitätserzeugung in der Europäischen Union 1997

Aus: Elektrizitätserzeugung in der EU (2000). IEA

Mit dem Wettbewerb kommen zur Versorgungsaufgabe die Anforderungen zum Transport ( Durchleitung) großer „fremderzeugter“ Strommengen auf die Netze zu.  Ein Neubau von weiteren Übertragungsleitungen wird in den meisten Fällen sowohl ökologischen als auch ökonomischen Gründen nicht durchgeführt werden.
Die weitläufigen Stromnetze innerhalb der EU sind nun mit dem Straßennetz zu vergleichen. Die großen „Autobahnen“ (Höchstspannungsnetze = 380 KV-Leitungen) gehören in der Regel den großen Landesgesellschaften. Die „Landstraßen“ wiederum sind Eigentum der kleinen Regionalversorgungsunternehmen. Bei der Fremdnutzung der jeweiligen Strecken fällt nun, ein Durchleitungsentgelt „Mautgebühr“ an, das dem Besitzer des Netzes bezahlt werden muss.
Manche Staaten mit liberalisierten Strommärkten haben das System des regulierten Zuganges gewählt. Hier werden die Durchleitungsentgelte von einer Regulierungsbehörde festgesetzt.
In Österreich wird der „verhandelte Netzzugang“ angewendet. Hier werden privatwirtschaftlich ausgehandelte Entgelte benutzt.

Abb.2: Stromverbundsysteme in Europa

Stromverbundsysteme in Europa

Aus: Stromwirtschaft im Wettbewerb. Lehrerinformationen (o. A.). Arbeitskreis Schulinformation Energie (Hrsg.). 6. S.


Was bringt der Wettbewerb?
Im Allgemeinen wird eine Tendenz zu günstigeren Strompreisen erwartet. Hier sind derzeit jedoch nur die Industrie und andere Großkunden begünstigt. Aber auch private Haushalte und andere Kleinverbraucher werden in Zukunft von den geänderten Marktbedingungen profitieren. In Europa zeigen sich in diesem Bereich derzeit neue Entwicklungen. So schließen sich beispielsweise in Deutschland via Internet Haushalte zu Einkaufsgemeinschaften zusammen und verhandeln mit Stromanbietern einen billigeren Strompreis aus.
Die sinkenden Strompreise führen jedoch weg von den bisherigen Energiesparbemühungen. Dies war bereits in den Anfängen der Strommarktliberalisierung Grund zu Protesten
für die Umweltschützer.
Da jedoch auch die Umwelt in der Europäischen Union eine nicht geringe Rolle spielt, kam es zu einer einheitlichen Förderpolitik für die Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern („grüner Strom“).
In Österreich wird die Förderung der erneuerbaren Energieträger durch die so genannte 3 % Regelung im EIWOG unterstützt. Diese Regelung bestimmt, dass Betreiber von Verteilernetzen ab dem Jahr 2005 mindestens 3 % der Kunden gelieferten Strommenge aus erneuerbaren Energieträgern, wie Biomasse, Deponie- und Klärgas, geothermische Energie, Wind- und Sonnenenergie beziehen müssen. Von dieser Regelung ist die Wasserkraft, als erneuerbarer Energieträger, jedoch ausgenommen.
In der Novelle zum EIWOG ist auch festgelegt, dass zusätzlich 7 % der Stromaufbringen eines Energieunternehmens aus Kleinwasserkraftwerken stammen müssen.


Ein Wirtschaftszweig ändert sich
Durch die Liberalisierung ändern sich die Grundstrukturen der Elektrizitätswirtschaft. Es treten nun an Stelle der geschlossenen Versorgungsgebiete mit Strompreisen, die durch die Stromgestehungskosten festgelegt wurden, ein offener Strommarkt mit Marktpreisen, die sehr vom Wettbewerb abhängig sind.
Eine Folge des entstehenden Wettbewerbes ist nun die veränderte Unternehmenslandschaft in der Energiebranche. Die Betriebe müssen nun ebenso marktwirtschaftliche Detail beachten, wie es Betriebe in nicht- monopolisierten Bereichen bereits seit jeher tun müssen. Beispielsweise zwingt ein striktes Kostenmanagement die Energieunternehmen zu Rationalisierungsmaßnahmen im Personalbereich und bei den Sachinvestitionen.
In den Vordergrund tritt nun der Kunde, der mit Marketingmaßnahmen und mit verlockenden Verträgen geworben wird. Viele Energieunternehmen bieten nun Contracting-Verträge an, die alle Energiedienstleistungen beinhalten, die es rund um Wärme, Kälte und Beleuchtung gibt. Somit wird dieser Bereich auch zum Dienstleistungssektor.
Um in diesem doch sehr harten und vor allem ungewohnten Wettbewerb bestehen zu können, schließen sich viele Firmen zu Holding zusammen. Hier werden die wesentlichen strategischen Handels- und Führungsaufgaben gemeinsam durchgeführt, jedoch die einzelnen Geschäftsfelder, wie Stromerzeugung, Netzbetrieb, Strommarketing und Stromhandel werden zu rechtlichen selbstständigen Unternehmen unter dem Dach der Holding. Aufgrund dieser Umwandlung der Betriebe können diese kleinen Unternehmen nun schneller auf den Markt reagieren
Viele andere österreichische Energieunternehmen schließen ebenfalls Kooperationen und strategische Partnerschaften um sich für den Wettbewerb zu stärken. So tritt die e&s, eine Allianz der niederösterreichischen EVN, der Wienstrom und der Linzer ESG, als Vertriebsunternehmen am österreichischen Markt auf.
Auch in Deutschland sind, bedingt durch die Liberalisierung, verstärkt Fusionen und Kooperationen von Energieunternehmen zu bemerken. So verschmelzen auch die beiden großen Energie- und Spezialchemiekonzerne VEBA & VIAG zu einem Konzern der im deutschen Strommarkt derzeit die Nummer 1 und die Nummer 3 in Europa sein wird.
Weitere 2 große deutsche Energiekonzerne, RWE und VEW, befinden sich derzeit (Stand Juni 2000) in der großen Verhandlungsphase über die Fusion. Durch diesen Zusammenschluss wird ein Energiekonzern mit einem Stromabsatz von etwa 210.000 GWh entstehen, der den fusionierten VEBA & VIAG Konzern in der Marktposition noch übertreffen wird.


Strom, das neue Geschäftsfeld auf dem Markt?
Neben den Veränderungen innerhalb der Energieunternehmen werden auch zunehmend Eingriffe von außen bemerkbar. Auf dem Strommarkt erscheinen immer mehr Stromerzeuger. So können beispielsweise Hersteller von Kraftwerken diese selbst als „Independent Power Producer“ betreiben und den erzeugten Strom direkt vermarkten.
Weiters tauchen am Markt immer mehr Stromhandlesfirmen auf, die weder über Kraftwerke noch über eigene Leitungen verfügen.
Am Ende dieser Entwicklungen steht die Strombörse. Weltweit gibt es bereits viele Strombörsen und so befinden sich auch in Deutschland gerade zwei Strombörsen in Frankfurt und in Leipzig im Aufbau. In Norwegen gibt es beispielsweise seit dem Beginn er 90er Jahre den liberalisierten Strommarkt. Hier können sich die Kunden wöchentlich den Stromlieferanten an der Börse auswählen.
Auch in Österreich wird zur Zeit geprüft, ob eine eigene Strombörse wirtschaftlich sinnvoll ist.


Literatur
Stromwirtschaft im Wettbewerb. Lehrerinformationen (o. A.). Arbeitskreis Schulinformation Energie (Hrsg.).
6. S.

Download:


Zentrum für innovative Pädagogik

EnergieAG

Autor: Elke Wöß
 Pädagogischen Akademie der Diözese Linz
Layout. Maria Astleithner
Letzte Aktualisierung:   30 Okt 2000

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