F&B-KARTE
GW-UNTERRICHT Nr. 76 / 1999

Die Seenlandschaft des Salzburger Alpenvorlandes

Dr. Wolfgang Sitte


1. Zur Wanderkarte

Die Kartenbeilage dieses Heftes zeigt diesmal einen Ausschnitt aus der freytag&berndt Wanderkarte 1 : 50 000 Mattsee-Wallersee-Irrsee-Fuschl-Mondsee. Auf Abbildung 1 ist das gesamte Gebiet, das auf diesem 76 cm (Höhe) x 82 cm (Breite) großen Kartenblatt der WK 391 dargestellt wird, zu sehen. Es umfasst auch noch das Wolfgang(bzw. Aber-)see-Gebiet sowie den nordöstlichen Teil des Untersberges und eignet sich vom Blattschnitt und Maßstab her sehr gut zur Planung von Ausflügen in die nähere Umgebung der Stadt Salzburg. Dabei helfen sowohl die auf der Karte eingetragenen markierten Wanderwege (mit Nummer sowie roter Liniensignatur) und Radwanderrouten (mit blauen Punkten dargestellt) als auch die auf der Kartenrückseite angeführten touristischen Hinweise. Diese machen auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam, beschreiben kurz interessante Ortschaften und bringen Wandervorschläge mit Zeitangaben. Zusätzlich gibt es ein eigenes Verzeichnis sämtlicher Orte mit Angaben ihrer Gemeindezugehörigkeit, Postleitzahl und Meereshöhe. Suchbezeichnungen erleichtern das Auffinden auf der Karte.

2. Zur Topografie des Gebietes

Der unserem Heft beigegebene Ausschnitt aus der Wanderkarte zeigt das Gebiet der Salzburger Vorlandseen. Nach G. MÜLLER (1997) reicht dieses von den im Westen an den Obertrumer und Grabensee angrenzenden Gemeinden bis zu denen um den Wallersee im Osten: Berndorf bei Salzburg, Seeham, Obertrum, Mattsee, Seekirchen am Wallersee, Schleedorf, Henndorf am Wallersee, Köstendorf und Neumarkt am Wallersee. Zusammen mit der Gemeinde Straßwalchen im äußersten Nordosten (sie liegt außerhalb unseres Kartenausschnitts) bilden diese Gemeinden im Bundesland Salzburg auf der Ebene der überörtlichen Raumplanung den Regionalverband „Flachgauer-Seengebiet". An ihn schließen im Nordwesten der Regionalverband „Flachgau-Nord" und im Süden die Regionalverbände „Salzburg-Stadt und Umgebungsgemeinden" sowie „Osterhorngruppe" an. Verwaltungsmäßig gehören sowohl die Regionalverbände „Flachgauer-Seengebiet" und Flachgau-Nord" zum Politischen Bezirk „Salzburg-Umgebung".

Die Bezeichnung „Flachgau" ist im Gegensatz zu den alten Gaunamen Salzburgs („Pinzgau" und „Pongau" sind schon seit dem 8. Jahrhundert, der Name „Lungau" seit 923 urkundlich nachweisbar) erst eine Wortschöpfung des 20. Jahrhunderts (F. ZAISBERGER 1998). Das damit benannte salzburgische Gebiet reichte ursprünglich vom Pass Lueg im Süden bis zur bayerischen und oberösterreichischen Grenze im Norden und schloss auch das Fuschl- und Wolfgang(Aber-)seegebiet sowie die Osterhorngruppe mit ein (Landesverband für Fremdenverkehr 1902). Es war das „Land außer Gebirg". Heute hingegen wird unter „Flachgau" nur mehr das salzburgische Voralpenland zwischen Salzach und oberösterreichischer Landesgrenze verstanden.

In den österreichischen Schulatlanten taucht die Bezeichnung „Flachgau" teilweise erst Ende der Zwanzigerjahre auf: im berühmten Slanar-Atlas 1928, im Freytag-Berndt-Hauptschulatlas von Kaindlstorfer 1930.

3. Die Entstehung der Landschaft

Die Landschaft des Kartenausschnitts charakterisiert ein sanftwelliges Hügelland zwischen 500 und 600 Meter Meereshöhe, in das die flachen Becken der Seen eingebettet sind und aus dem vereinzelt bewaldete Berggipfel bis 800 Meter Höhe herausragen. Diese (Tannberg, Buchberg) sind so wie der Sockel des Hügellandes aus Flyschgesteinen (Mergel, Tonschiefer, feinkörnige Sandsteine), die in der Kreidezeit vor etwa 144 bis 65 Millionen Jahren in einem Meerestrog abgelagert und danach gefaltet, herausgehoben und geformt wurden.

Reliefbestimmend für das Gebiet des Kartenausschnitts war aber die vor rund 2 Millionen Jahren einsetzende pleistozäne Vergletscherung. Der in den Kaltzeiten des Eiszeitalters aus dem Gebirge heraustretende mächtige Salzachgletscher fächerte sich von seinem Stammbecken im Bereich der heutigen Stadt Salzburg in neun radial ausstrahlende Äste auf, die flache Zungen- bzw. Zweigbecken ausschürften. Zwei davon liegen im Gebiet unseres Kartenausschnitts: Das Zweigbecken im Bereich der heutigen Trumer Seen und das im Bereich des heutigen Wallersees. Ufer- und Endmoränen umsäumten sie und sind heute deutlich vor allem am Südhang des Tannberges sowie um Köstendorf und Schleedorf in Form mehrerer Wallstaffeln zu erkennen. Der überwiegende Teil der Oberfläche des abgebildeten Raumes ist jedoch von Grundmoräne bedeckt, die den Flyschsockel überzieht. Charakteristisch für sie sind meist in Gruppen auftretende langgestreckte Hügel, so genannte Drumlins. Diese wurden vom fließenden Gletscher aus dem Grundmoränenmaterial geformt. Ihre Längsachse zeigt die Stoßrichtung des Eises an. Auf der Seite, aus der dieses gekommen ist, sind die Drumlins flach, auf der Hinterseite jedoch steil geböscht.

Als sich am Ende der letzten großen Kaltzeit der mächtige Salzachgletscher auflöste und abschmolz, sammelte sich zwischen den Endmoränen der Zweigbecken und den zurückziehenden Gletscherstirnen Schmelzwasser an. Noch im Spätglazial bildeten die heutigen drei Trumer Seen (Obertrumer, Graben- und Mattsee) einen einheitlichen See mit einem Spiegelstand von 515 Meter. Der Spiegelstand des Wallersees lag zu dieser Zeit sogar noch in 550 Meter Meereshöhe, wie Deltaschotter im Uferbereich bei Henndorf beweisen. Im Gefolge der durch das Einschneiden der Abflüsse eingetretenen Seespiegelabsenkungen kam es dann zum Auftauchen der Grundmoräne von Zellhof und damit zur Dreiteilung des spätglazialen Trumer Sees. Sowohl im Bereich der Trumer Seen als auch an den Rändern des Wallersees entstanden zum Teil ausgedehnte Verlandungszonen.

4. Was Ortsnamen über die Besiedlung verraten

Ortsnamen können wichtige Hinweise auf den Besiedlungsgang geben. Allerdings sind bei ihrer Erklärung sowohl die Quellenlage als auch die Lautentwicklung sowie das historische und geographische Umfeld zu berücksichtigen. Die anschließenden Ausführungen folgen im wesentlich der Darstellung von H. DOPSCH in seinem, gemeinsam mit E. Dopsch 1996 herausgegebenen Heimatbuch von Seekirchen.

Die vielen Namen auf unserem Kartenausschnitt, die mit -ing und -ham enden, sind Zeugnisse für die in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts einsetzende Besiedlung des Raumes durch die Baiuwaren. Die echten -ing-Namen gehören zur ältesten bayerischen Siedlungsschichte. Meist liegt ihnen der Personenname des einstigen Sippenoberhauptes bzw. des Gründers der Siedlung zu Grunde. So wird beispielsweise der Name des Weilers Hipping (westlich vom Ortskern Seekirchens) von Hilpert abgeleitet, Götzing (nördlich von Seekirchen), das früher Gezing hieß, geht auf einen Gezzo zurück und in Fenning (bei Henndorf) steckt ein Fendio. Auch die Endsilbe -ham gehört zu dieser Siedlungsschichte; sie bedeutet so viel wie „Heim von". Bezeichnend dafür der Name Bayerham (auf der Karte nordöstlich des Wortes Seekirchen). Als die Baiuwaren die Gegend um den Wallersee in Besitz nahmen, stießen sie in der Westbucht des Sees auf eine Gruppe von Romanen, die dort auch nach dem Abzug der Römer noch ansässig waren und die sie Walchen nannten. Nach ihnen gaben sie deren Siedlung den Namen Seewalchen. Die Siedlung der Bayern auf dem Rücken über dem See erhielt dann den Namen Bayerham (Heim der Bayern). Ebenfalls schon im frühen Mittelalter wurden mit der Endung auf -dorf Orte bezeichnet, die innerhalb der bäuerlichen Siedlungslandschaft eine gewisse „zentrale" Bedeutung (z. B. Kirchenorte) hatten. Teilweise entstanden sie an wichtigen Verkehrswegen wie Henndorf an der alten Römerstraße von Juvavum (Salzburg) nach Ovilava (Wels) oder Köstendorf an der Verbindung vom Wallersee-Becken zum Trumer See-Gebiet. Seekirchen, der mindestens seit 696 (Ankunft Ruperts) kontinuierlich besiedelte Ort, hieß bis zu Beginn des 9. Jahrhunderts „Walardorf" in Ableitung vom Personennamen Walari. Auf diesen Personennamen wird auch der Namen des Wallersees zurückgeführt. Für das Hochmittelalter sind Rodungsnamen mit den Endsilben -reit oder -roid charakteristisch. Sie treten allerdings auf dem Kartenausschnitt nur vereinzelt auf.

5. Die Bedeutung der Landwirtschaft

Die seit alters her im Kartenausschnitt vorherrschende Landwirtschaft prägt auch heute noch das Erscheinungsbild der Landschaft. Abseits der größeren Sammelsiedlungen (Seekirchen, Henndorf, Mattsee, Obertrum) herrscht Streusiedlung mit Weilern, Hofgruppen und Einzelgehöften vor. Die traditionelle Hofform ist der so genannte Flachgauer Einhof, der eine deutliche Dreiteilung in Wohn-, Tennen- und Stallteil zeigt und im Laufe der Zeit gewissen Veränderungen (abgewalptes Dach, hakenförmige Stallerweiterung etc.) erfahren hat. Noch vor fünzig Jahren wurden beträchtliche Flächen ackerbaulich genutzt: in Seekirchen-Land fast 50 Prozent, in Obertrum rund 46 und in Köstendorf 44 Prozent der Katasterfläche (SEEFELDNER 1961). Heute dominiert in allen Gemeinden die Grünlandwirtschaft. Ihr Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche im gesamten Gebiet des Kartenausschnitts beträgt weit über 70 Prozent. Am größten ist er mit 79 Prozent in der Gemeinde Seekirchen, am kleinsten mit 65 Prozent in der Gemeinde Mattsee.

Der Prozess der „Vergrünlandung", der mit der Spezialisierung auf reine Rinderhaltung einherging, vollzog sich in engem Zusammenhang mit dem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ablaufenden, tief greifenden Strukturwandel der Agrarwirtschaft: Übergang von der Selbstversorgerwirtschaft zur Marktproduktion, Abwanderung der Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft, Durchsetzung der Mechanisierung (Traktor, Mähbalken, Melkmaschinen etc.). Maschinenringe wurden gegründet, Freilaufställe errichtet. Der Strukturwandel ist jedoch nicht abgeschlossen, sondern wird sich durch den wachsenden Rationalisierungsdruck nach dem EU-Beitritt Österreichs sicher noch weiter fortsetzen. Bei Abnahme der Gesamtanzahl der landwirtschaftlichen Betriebe erkennt man deutlich einen Trend vom Voll- zum Nebenerwerbsbetrieb. Im gesamten Gebiet der Vorlandseen waren bereits 1990 ein Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe Nebenerwerbsbetriebe, in Köstendorf sogar 48 Prozent. Die Umstellung auf die vorwiegend auf Milchproduktion ausgerichtete Grünlandwirtschaft wird durch das naturräumliche Potenzial des Gebietes begünstigt. Die reichlichen Niederschläge (Seekirchen 1320 mm) mit stellenweise bis über 1400 mm (Station Mattsee) im Jahr bei Sommermaxima sowie die im Grundmoränengebiet meist verbreiteten entkalkten und schwach vergleyten Lockersediment-Braunerden fördern in der bis zu 33 Wochen langen Vegetationszeit die Grasproduktion auf den Wirtschaftswiesen. 1991 gehörten im gesamten Gebiet der Vorlandseen der Land- und Forstwirtschaft nur mehr 8,6 Prozent der Wohnbevölkerung an, in der Gemeinde Henndorf sogar bloß 5,1 Prozent.

6. Die Seen und der Tourismus

Von den vier bedeutenden Seen auf dem Kartenausschnitt ist der Wallersee mit einer Fläche von rund 6,1 km2 der größte. Seine maximale Tiefe, die etwa zwischen Wallersee-Zell und Seebrunn liegt, beträgt 23 Meter. Der Wasserinhalt wurde mit 77 Millionen m3 errechnet. Zweitgrößter See ist der Obertrumer See mit 4,9 km2 und einer größten Tiefe zwischen Seeham und Ochsenharing von etwa 36 Meter. Sein Wasserinhalt beträgt 85 Millionen m3. Es folgen der Mattsee mit 3,6 km2 Spiegelfläche, 42 Meter Maximaltiefe südlich von Stein und 62 Millionen m3 Wasserinhalt. Kleinster See ist der Grabensee mit 1,4 km2, 14 Meter Tiefe und 13 Millionen m3 Wasserinhalt. Infolge der flachen Seewannen und der geringen Oberflächenzuflüsse weisen die Flachgauer Seen eine starke sommerliche Erwärmung auf und frieren im Winter zu. Am Wallersee bewegen sich die Temperaturen des Oberflächenwassers gewöhnlich in der zweiten Julihälfte und im ersten Augustdrittel zwischen 24 und 26 Grad Celsius. Seine winterliche Eisbedeckung dauerte im langjährigen Schnitt fast zwei Monate.

Obwohl ab 1860 Seekirchen an die heutige Westbahn (Wien-Salzburg) angeschlossen wurde und deren Trasse sogar ein Stück am Westufer des Wallersees entlang läuft, finden wir die Anfänge des „Fremdenverkehrs" im Flachgauer Seengebiet nicht an diesem, sondern am Mattsee. Am 28. Juli 1869 meldete die „Salzburger Zeitung", dass mehrere Familien aus Linz und Wien in Mattsee ihr Sommerfrischenquartier bezogen haben. Mattsee war, wie man damals sagte, „Saisonort" geworden. Den Anstoß dazu hatte die Initiative eines in Mattsee geborenen Arztes gegeben, der in dem Ort seinen Urlaub verbrachte und ihn in Publikationen pries. Noch im gleichen Jahr wurde eine Hütte mit zwei Umkleidekabinen in den See gebaut. Mit der Gründung eines Vereins zur Belebung des Fremdenverkehrs im Jahr 1882 (er nannte sich „Saisonverein Mattsee") wird deutlich, dass bürgerliche Kreise, aus denen sich die damaligen „Sommerfrischler" rekrutierten, im Gegensatz zur traditionsverhafteten bäuerlichen Bevölkerung, bereits früh die ökonomische Bedeutung des Tourismus erkannt haben. Freilich ist die touristische Infrastruktur noch sehr bescheiden. Auch in dem am Westufer des Obertrumer Sees liegenden Seeham begann um diese Zeit die Entwicklung des „Sommerfrischentourismus". Bereits 1874 erschien über diesen Ort ein Fremdenführer. Ausschlaggebend für die frühe Fremdenverkehrsentwicklung in Mattsee und Seeham war ihre Lage unmittelbar am Wasser. Dass man beide Orte nicht direkt mit der Bahn, sondern erst nach Umsteigen in der Station Seekirchen-Mattsee (Name!) erreichen konnte, spielte bei der damals üblichen mehrwöchigen Aufenthaltsdauer der Gäste keine Rolle.

Seekirchen, Obertrum und Henndorf grenzten nicht unmittelbar an ihre Seen. Außerdem behinderten bei den beiden zuerst genannten Orten sumpfige Ufergestade lange den Zugang zum Wasser. Daher verlief dort die Entwicklung anders. Nach Anfängen eines bescheidenen Ausflugsverkehrs setzte erst in der Zwischenkriegszeit die „Entdeckung" der Wallersee-Ufer ein. Neben der Bahn sorgten jetzt vor allem regelmäßig verkehrende Autobuslinien auch für eine schnelle Verbindung nach der Festspielstadt Salzburg. Zahlreiche Künstler und Literaten, die in dieser Zeit nach Henndorf kamen, machten der Ort zu einem Kulturtreffpunkt und steigerten damit die Bekanntheit der kleinen Gemeinde. An den Ufern des Wallersees entstanden in den Zwischenkriegsjahren auch die ersten Strandbäder und – vor allem in der Ostbucht und im Bereich zwischen Kirchfenning und Seebrunn – zahlreiche Wochenendhäuser und Badehütten. Als Eigentümer des Sees hatte das Land Salzburg auf einem durch die Tieferlegung der Fischach trocken gefallenen Uferstreifen Parzellen verpachtet.

Nach 1945 versuchte man an die Entwicklung der Zwischenkriegszeit im Seengebiet wieder anzuknüpfen. Es kam überall zu einem Ausbau der touristischen Infrastruktur. In Seekirchen entstand in den Sechzigerjahren direkt am See auf aufgeschüttetem Grund das Strandbad samt Zufahrtsstraße. Die gesteigerte Nachfrage in der Zeit des aufkommenden Massentourismus konnte man insbesondere durch Verstärkung der Privatzimmervermietung auffangen. Allerdings ist die Aufenthaltsdauer der Gäste aus weiter entfernten Gebieten (vor allem Deutschland) jetzt kürzer als früher. Auch beginnen sie stärker Ansprüche an moderne Freizeiteinrichtungen zu stellen. Seit dem Ende der Sechzigerjahre lassen sich immer mehr „Zweitwohnbesitzer", wozu auch die Dauercamper gerechnet werden, im Seengebiet nieder. Der Großteil stammt aus Salzburg Stadt und Umgebung. Für die dort Wohnenden wird das in einer knappen halben Autostunde erreichbare Seengebiet zum idealen Naherholungsraum.

In den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg stiegen die Übernachtungszahlen in allen Gemeinden des Seengebiets stark an, besonders in Seekirchen, das 1971 mit 100 000 Nächtigungen Spitzenreiter war, diesen Platz aber in den folgenden Jahren an Mattsee abgeben musste. Mit Hilfe des Internets können die Schüler die Übernachtungszahlen aktualisieren. Dieser Rückgang ist nicht allein auf die allgemeine Abschwächung des sommerlichen Fremdenverkehrs, der sich vor allem seit den Achtzigerjahren in Österreich bemerkbar macht, zurückzuführen, sondern hängt auch eng mit der Wasserqualität des Wallersees zusammen. Seine geringe Tiefe, schwache Durchflutung und sein über 100 km2 großes Einzugsgebiet begünstigten die dort durch die starke nachkriegszeitliche Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung ausgelöste Eutrophierung. In den Neunzigerjahren begannen daher nach umfangreichen interdisziplinären Untersuchungen (Projekt Vorlandseen) Arbeiten zur Reduzierung der Eutrophierung und Verbesserung der Wasserqualität (Anheben des Seespiegels um ca. 40 cm bei gleichzeitiger Regulierung seines Wasserstandes, Fernhalten der gewerblichen und häuslichen Abwässer vom See durch den Bau von Kläranlagen und Ortskanalisationen, Überprüfung der Düngerwirtschaft etc.).

7. Übernachtungen im Fremdenverkehrsjahr 1997/98

Gemeinde Jahr davon im Sommer von Ausländern
Mattsee 62 000 54 000 30 000
Henndorf am Wallersee 53 000 31 000 9 000
Seeham 35 000 31 000 20 000
Seekirchen am Wallersee 29 000 24 000 18 000
Obertrum 24 000 22 000 8 000

Quelle: Amt der Salzburger Landesregierung, Hg. Das Fremdenverkehrsjahr 1997/98 in Zahlen.

8. Am Rande des Salzburger Zentralraumes

Infolge ihrer Nähe zur Landeshauptstadt sind die Gemeinden auf dem Kartenausschnitt vom Surburbanisierungsprozess, besonders Seekirchen und Henndorf, massiv betroffen. Er führte zu einer bedeuteten Zunahme der Bevölkerung, zur Ausweitung der Siedlungsflächen und auch zu einer starken Verkehrsbelastung vor allem auf den Straßen nach Salzburg. Die Verknappung und Verteuerung des Bodens im dicht verbauten Gebiet der Stadt, wo es zur Konzentration von wirtschaftlichen Dienstleistungen kommt, nicht zuletzt der von den Bausparkassen geförderte Wunsch nach einem Eigenheim im „Grünen", führt zur Stadtflucht und zur Wanderung in die Umlandgebiete. Auch viele, die im Zentralraum Arbeit finden und aus Peripherieräumen kommen, lassen sich dort auf Grund der ökonomischen Marktbedingungen nieder.

In Seekirchen nahm die Wohnbevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg von 4 524 Einwohnern (1951) auf 9 128 (1995) zu, in Henndorf von 1 692 (1951) auf 4 271 (1994). Viele davon haben ihren Arbeitsplatz außerhalb ihrer Wohngemeinde und müssen pendeln: In Seekirchen zählte man im Jahr 1991 2331, in Henndorf 1318 Auspendler. 80 Prozent Wohngebäude im Salzburger Zentralraum sind Ein- oder Zweifamilienhäuser. Ihr Flächenbedarf und die Erschließungskosten sind bedeutend höher als bei mehrgeschoßigen Reihenhäusern (siehe Wissenschaftliche Nachrichten Nr. 111). Die Nachfrage nach Wohnbauland aber wird im Zentralraum zusätzlich von den Interessen bzw. Ansprüchen des Tourismus, der Zweitwohnsucher und -besitzer, der gewerblichen Wirtschaft, des Verkehrs, der Landwirtschaft und schließlich des Naturschutzes überlagert. Die dabei auftretenden Konflikte können nur überregional gelöst werden.

Das jüngste, in unserem Kartenausschnitt befindliche diesbezügliche Beispiel ist die geplante rund 11 km lange Trasse für die neue Hochleistungsstrecke der Westbahn im Raum Seekirchen, gegen die es vehemente Anrainerproteste gibt. „Wir lassen uns Seekirchen nicht zerschneiden". Die Trasse soll etwa ab Weng südlich von Huttich und Bayerham in einem nach Westen ausholenden Bogen an Gröm vorbei nach Marschalln verlaufen.

9. Einige didaktische Bemerkungen

Die Alternative zum herkömmlichen Unterricht im Klassenzimmer (und auch zur virtuellen Welt des Computers) ist das Lernen außerhalb des Schulgebäudes am Ort der unmittelbaren Problemwahrnehmung.

Um Lehrer dazu zu ermutigen, ihnen Anregungen zu geben und sie auf das wichtigste regionale Schrifttum aufmerksam zu machen, bringt GW-UNTERRICHT laufend Ausschnitte von f&b-Wanderkarten samt kurzen Beschreibungen. Der in diesem Heft gezeigte Raum der Salzburger Vorlandseen hat nicht die landschaftliche Attraktivität mancher Hochgebirgsgruppen, bietet aber dennoch viele und interessante Möglichkeiten zum erlebnisorientierten Lernen: Probleme der Raumordnung (Seekirchen), des Naturschutzes (Wallersee), der Tourismus entwicklung (Mattsee) bieten sich genau so an, wie Fragen der Geschichte (Baiuwaren-Freilichtschau in Mattsee), der Literatur (Henndorf), der Wirtschaft (Besuch der Käserei Woerle in Henndorf oder die Erkundung eines modernen Betriebes der Rinderhaltung). Botaniker können Moore untersuchen lassen, seit Herbst 1999 gibt es den von H. Ibertsberger und M. Häupl gestalteten „Henndorfer Eiszeitweg". Wichtige Informationen über das Gebiet enthalten die von verschiedenen Verfassern gestalteten modernen Gemeindedarstellungen von Henndorf und Seekirchen. Nicht zuletzt lohnt sich bei einem Aufenthalt auch der Besuch der nahe gelegenen Landeshauptstadt. Die beiden Materialienblätter können zusammen mit dem f&b-Kartenausschnitt, mit Prospektmaterial und der Karte „Flachgau – Strukturwandel zur Grünlandwirtschaft" auf Seite 31 im Österreich-DIERCKE auch beim Unterricht im Schulgebäude verwendet werden.

10. Schrifttumshinweise


Zusammengestellt von Wolfgang Sitte
Für das Internet aufbereitet von
Wolfgang Dehmer
Letzte Aktualisierung: 22.12.1999