Martina

Mein Leben in der Europäischen Union

Autor: Martina Dvorakova

Schule: Gymnasium in Usti nad Labem/Tschechische Republik

Lehrer: Pavel Sebek

Auf die Frage, wie man in der Zeit während des Sozialismus gelebt hat, hat mich meine Großmutter mit einer Vielzahl empörter Erinnerungen eingedeckt. Ich habe mir sowohl die positiven Seiten als auch die negativen Seiten angehört. Am meisten quälte diese Generation die oft schwierigen Lebensbedingungen - hervorgerufen durch das Joch der UdSSR. Heute befürchten sie, dass sich die Geschichte nach dem Beitritt in die Europäische Union wiederholen könnte. Alles musste in Übereinstimung mit der UdSSR sein, die als ein großes Vorbild galt. Aber im Rahmen der Kultur und wirtschaftlichen Entwicklung sind wir zurückgeblieben. Unsere Kultur und Landwirtschaft waren hoch entwickelt. Die Oberherrschaft unterstützte häufige Emigration von den Leuten mit hohem Rang. Deshalb können wir in der Weltkultur oft tschechische Namen hören. Andererseits dürfen wir Tschechen nicht die großen Verdienste im Verlauf des Krieges und die Hilfe bei der Befreiung nach dem Krieg in Vergessenheit geraten lassen. Diese Generation sieht die einzelnen Vorteile des Beitrittes zur EU in der Altersrentenerhöhung, in der Sozialversicherung bzw. im allgemeinen Sicherheitsschutz.

Die folgenden Ereignisse hat mir mein Vater sehr detailgetreu und farbig erzählt. Er hat mich vor allem über die politische Situation aufgeklärt. Hauptsächlich das Entstehen des pluralistischen Wahlsystems hat er mir erklärt. Das Übertragen von enteignetem Besitztum in private Hände hat das Problem der Arbeitslosigkeit verschärft. Als ein großer Fortschritt war die Öffnung der Grenzen anzusehen und die damit verbundene Möglichkeit zu verreisen, derweil aber nur für bestimmte Schichten der Bevölkerung. Im Rahmen der Privatisierung kam es zu Finanzfluchten. Das Schulwesen war nicht mehr kostenlos, und man musste sogar im Gesundheitswesen dazu zahlen. Außerdem entstanden auch die Pensionszusatzversicherungen, und die Inflation ist dadurch gestiegen. Infolgedessen hat sich für die Mittelschicht keine ausdrückliche Verbesserung erwiesen. Meine Eltern überlegen mittlerweile, ob sie sich gegen einen Beitritt in die Europäische Union entscheiden sollen. Sie warten ab, was ihnen als weitere Optionen angeboten wird.

Ich kann also mittlerweile nur darüber spekulieren, was für Vor- und Nachteile ein Beitritt in die EU für uns bzw. für unsere Generation bringen wird. Zu den negativen Seiten zähle ich das Verlieren der Landeshoheit, dann die Notwendigkeit sich mit den neuen Vorschriften und ihren Auswirkungen abzufinden. Demgegenüber wird uns der Beitritt sicher bessere politische und wirtschaftliche Stabilität bringen. Wir werden die Möglichkeit haben, die Politik der EU, die bessere Entwicklung der Staatsverwaltung, die Verbesserung der Legislative und der Umwelt in größerem Maße zu beeinflussen, und so könnte man weitermachen. Für uns - Jugend - wird die Auflösung der Zollkontrollen, die in den Mitgliedsstaaten überhaupt nicht existieren, von großem Vorteil sein. Bei einer Überfahrt in die Mitgliedstaaten weiß man gar nicht, ob man die Grenze schon überschritten hat, und das wiederum erspart uns viel Zeit. Zeit ist Geld und besonders bei der immer schneller zu beobachtenden Globalisierung. Geld wird immer wichtiger sein, es wird sich vor allem in Lohnerhöhungen zeigen. Ich glaube, dass auch trotz des Beitritts immer mehr Leute Interesse zeigen, im Ausland zu arbeiten oder zu studieren. Ich persönlich möchte an der Hochschule mit dem Schwerpunkt Sprachen im Ausland studieren. Und weil ich mich schon seit zehn Jahren mit Gesang beschäftige, wünschen ich mir, dass es der Gesang sein wird, womit ich mich ernähren werde. Ich werde mich bestimmt auf internationalem Niveau durchsetzen können. Ich bleibe selbstverständlich meiner Republik treu, und ich werde überall den Stolz meines Tschechentums zu repräsentieren versuchen. Aber in der Kulturebene haben wir noch immer noch einige Änderungen zu vollziehen. Das betrifft schon die Ausstattung oder das Interieur der Theater oder die Qualität der Schauspieler und Musiker, deren Präzision ich im Ausland mit großer Hochachtung begegnet bin. Damit will ich nicht der tschechischen Kultur grollen, aber jedenfalls wäre ich froh, wenn man Verbesserungen vornähme. In dieser Hinsicht vertraue ich voll und ganz auf die Europäische Union.

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