Bevölkerungsgeographische
Aspekte,
demographische
und gesellschaftliche Veränderungen in Österreich
Begriffserklärung:
Unter dem Begriff Demographie (=Teilbereich
der Bevölkerungslehre) versteht man Bevölkerungsbewegung im allgemeinen unter
Betrachtung aller sozialen, politischen und wirtschaftlichen Aspekte.
Gliederung der Ausarbeitung:
1. Bevölkerung
Österreichs allgemein
·
Wichtige Daten
·
Altersaufbau der Bevölkerung
·
Räumliche Verteilung der
österreichischen Bevölkerung
·
Wachstum durch Zuwanderung
2. Überalterung
der Bevölkerung
·
mögliche Gründe
·
gesellschaftliche Konsequenzen
·
Rückgang der Geburten
3. Zukünftige
Entwicklungen
·
Vorausblick bis 2030
Bevölkerung Österreichs allgemein
Wichtige Daten:
Fläche: 83858
km2
Einwohnerzahl: 8.082.819
Bevölkerungsdichte: 96
EW/km2
Pro - Kopf –
Einkommen: 27.929 $
Ausländeranteil: 9,15
% (4,2 % aus Ex – Jugoslawien)
Bevölkerungswachstum (1990 – 97): 0,8 % pro Jahr
Lebenserwartung (1997): 77
Jahre
Städtische Bevölkerung: 64
%
Altersaufbau der Bevölkerung
In
diesem Diagramm ist sehr schön die klassische Urnenform der Bevölkerungskurve
zu erkennen, was für westliche Industrieländer ein typisches Merkmal ist. An
dieser Stelle möchten wir den Altersaufbau der österreichischen Bevölkerung mit
einigen Ländern unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung vergleichen.
In NIGERIA
zeigt sich noch die für Entwicklungsländer übliche Pyramidenkurve die auch in
MEXIKO, dort aber in einer bereits leicht modifizierter Form zu erkennen ist.
In CHINA ist bereits ein starker Geburtenrückgang zu verzeichnen, der zu einer
Glockenform führt. Dieser Rückgang ist jedoch nicht das Resultat einer
natürlichen Entwicklung wie in JAPAN (klassische Urnenform, sogar noch stärker
ausgeprägt als in Österreich), sondern einen Folge der staatlich verordneten
Ein – Kind Familie. Im Vergleich JAPAN – ÖSTERREICH sticht als gravierendster
Unterschied der Ausfall der Babybooms (50er und frühe 60er Jahre) in Japan ins Auge,
ansonsten kann man aber die gleiche Entwicklung der Überalterung beobachten.
Neben
der zunehmenden Überalterung in Österreich, die man bereits beim ersten Blick ins
Auge bemerkt, kann man durch Einbrüche in der Bevölkerungskurve
einschneidende Ereignisse, die über
Österreichs Grenzen hinausgehen, erkennen. So zum Beispiel den Geburtenausfall während
der beiden Weltkriege (Bereich c und e) oder der Geburtenrückgang während der
Wirtschaftskrise ab 1930 (auf den Vergleichsfolien wegen 5 – Jahres – Intervallen
nicht zu erkennen). Gut zu erkennen ist auch der sogenannte Babyboom ab 1955,
der bis zur Einführung der Pille am Beginn der 70er Jahre anhielt.
Seit
damals hält in Österreich der tendenzielle Rückgang der Geburtenraten an, mit
Ausnahme zweier kurzer Zeiträume zum Beginn der 80er Jahre.
Dies
alles zusammen führt zu einer zunehmenden Überalterung der Bevölkerung, was
eine Reihe von Problemen mit sich zieht. Mehr dazu später.
11%
der Gesamtbevölkerung Österreichs leben in Mittelstädten, Städte unter 100000
EW. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahren verdreifacht. 29% aller
Österreicher leben in Gemeinden (5000-10000 EW).
Fast
ebenso viele, nämlich 30%, wohnen in Kleingemeinden, das sind Gemeinden unter
2000 EW. In diesen kam es zu starken Bevölkerungsverlusten.
Im
Laufe des 20. Jahrhunderts kam es zur sogenannten Landflucht, das heißt: Menschen
wanderten aus den ländlichen Gebieten in Städte oder stadtnahe Gebiete. Die
Folge war, dass Zentralräume entstanden, die eine Bevölkerungsdichte von über
500 EW/km² aufweisen. Wie man auf der Graphik erkennen kann befinden sich die
Zentralräume im Großraum Wien, St. Pölten, Krems, im Städtedreieck Linz - Wels
- Steyr, Salzburg, Innsbruck, Raum Dornbirn bis Feldkirch, Villach, Klagenfurt
und Graz. Deutlich sichtbar ist die dichte Bevölkerung entlang der Flusstäler,
wie zum Beispiel im Inn- und im Rheintal.
Die
städtische Bevölkerung insgesamt liegt bei 64% (1997).
Die
Tatsache, dass trotz sinkender Geburtenzahlen die Gesamtbevölkerung Österreichs
anfangs der 90er Jahre noch einmal deutlich angestiegen
ist, lässt sich auf einen Zuwanderungsschub zurückführen. In diesen Zeitraum
fällt die Ostöffnung, wodurch eine große Anzahl von Osteuropäern in den reichen
Westen übersiedelte, vor allem aber auch durch die Krise in Ex-Jugoslawien, die
Österreich in den Jahren 1990 - 1996 ca.300000 Flüchtlinge einbrachte. Ein
weiteres Ereignis, das jedoch in dieser Bevölkerungsstruktur noch nicht
absehbar war, war die Krise im Kosovo, durch die Österreich eine große Anzahl
von Asylanten aufnehmen musste. Durch die größere Entfernung vom Kosovo hielt
sich diese Zahl jedoch in Grenzen. Weiters versuchte die ehemalige
Bundesregierung die Einwanderung gesetzlich zu regeln, und diese vor allem auf
Familienzusammenführungen zu beschränken. Durch die abgeschwächte Zuwanderung -
unter der Bedingung, dass keine größeren Krisen in Europa entstehen - ist ein
gravierender Rückgang der Gesamtbevölkerung in Österreich ab etwa 2030-2040 zu
erwarten. Andere Forschungsinstitute berechnen einen früheren Zeitpunkt. Die
Volkszählung 2001 wird diese Prognosen bestärken.
Trotzdem
bedarf es auch in Zukunft immer stärkerer Anstrengungen im Umgang mit
Minderheiten, da es sonst zu Ghettobildungen und zunehmenden sozialen
Spannungen kommen könnte. Ein Vorzeigebeispiel dafür ist die Integration der
slowenischen Minderheit in Kärnten (zum Beispiel: zweisprachige Ortstafeln).
‚ Überalterung
der Bevölkerung
Der
wahrscheinlich auffälligste Grund für die bereits zuvorgenannte Überalterung
ist die steigende Lebenserwartung, die vor allem aus der besseren medizinischen
Versorgung und den wesentlichen Verbesserungen der Hygiene hervorgeht.
Ein
weiterer Grund ist der Trend zu immer kleineren Familien (1998 betrug die
durchschnittliche Haushaltsgröße nur mehr 2,48 Personen pro Haushalt.) Darin
spiegelt sich ein neuer Trend wieder.
Immer weniger Frauen sind bereit für eine Familie auf eine erfolgreiche berufliche Karriere zu verzichten. Der Trend geht eindeutig zur 1-Kind Familie, was auch darauf zurückzuführen ist, dass Kinder viel Geld, Zeit (und Nerven) kosten. Man sollte anmerken, dass dieser Trend in reichen Familien wesentlich stärker verbreitet ist. Wir denken, ein möglicher Grund dafür könnten die in dieser Bevölkerungsschicht besonders hohen Kosten für Ausbildung und Lebenserhaltung sein.
Weiters wäre auch noch anzumerken, dass es für Singles (ein weiterer Trend in unserer Gesellschaft) fast unmöglich ist, Topberuf und Kind(er) unter einen Hut zu bringen.
Rückgang der Geburten
Die Zahl der Lebendgeburten
nahm im Jahre 1998 gegenüber dem Vorjahr um 3,3% ab. Der Geburtenrückgang
erstreckte sich auf alle Bundesländer, war aber sehr unterschiedlich.
Am stärksten fiel die Geburtenzahl in Oberösterreich und in der Steiermark aus, nämlich um jeweils circa -5%. Es folgten das Burgenland, Salzburg und Niederösterreich (um circa 4%). Einen geringeren Rückgang verzeichneten Kärnten (2,6%), Wien, Tirol (1,8%) und insbesondere Vorarlberg (0,8%).
Trotzdem
sollte man anmerken, dass es in manchen Bundesländern trotz des starken
Geburtenrückgangs im Gegensatz zu anderen Bundesländern noch immer eine große
Zahl an Kindern gibt. Ein sehr markantes Beispiel hierfür wäre Oberösterreich.
An dieser Stelle wollen wir drei sehr unterschiedliche Regionen in Österreich
betrachten.
Als
erstes einen der Räume mit besonders vielen Kindern:
DAS
MÜHLVIERTEL: Ein Grund für die dort hohen Kinderzahlen könnten die noch vorhandenen ländlichen Strukturen
sein, in denen der Trend zur Kleinfamilie noch nicht so stark ausgeprägt ist.
Dem
gegenüber stellen wir die bereits im Unterricht sehr ausführlich behandelte MUR
- MÜRZ FURCHE. Gründe für den dort sehr markanten Geburtenrückgang sind die
relativ schlechten Bedingungen am Arbeitsmarkt, da es nach der Stahlkrise
(Mitte der 80er Jahre) zu zahlreichen Betriebsschließungen und notwendigen
Strukturreformen gekommen ist. Da jedoch diese Reformen erst mit der Zeit
Wirkung zeigen, gibt es in der Zwischenzeit eine verstärkte Abwanderung der
jüngeren Generation, die statistisch gesehen für den Großteil der Geburten
verantwortlich ist.
Als relativ
durchschnittliches Beispiel wollen wir noch VORARLBERG anführen. Als modernes
Technologiezentrum mit Schwerpunkt auf Hochtechnologie kommen hier die bereits
genannten Gründe für die Überalterung zum Tragen. Jedoch gibt es aufgrund des
positiven Angebotes auf dem neuen Arbeitsmarkt der Region kaum eine Abwanderung
der jungen Bevölkerungsschicht und somit kein Geburtendefizit.
Wie
man aus diesem Beispiel sehr gut erkennen kann, wird die Höhe der Geburtenrate,
zumindest regional gesehen, sehr stark von der Lage am Arbeitsmarkt abhängen.
Überregional gesehen wirken sich vor allem Absatz der erzeugten Produkte,
Wirtschaftskrisen sowie Konjunkturschwächen auf die gesellschaftliche
Entwicklung aus. Da diese auch in mehreren Staaten, mitunter auch weltweit,
spürbar sein können (wie zum Beispiel die Weltwirtschaftskrise), kann man in diesen
Zeiträumen einen im gesamten betroffenen Gebiet einheitlichen Geburtenrückgang
verzeichnen.
Gesellschaftliche Konsequenzen
Generationenvertrag
ist das Schlagwort für ein vor allem im Bereich der Sozialpolitik (Renten)
wirksames Solidarprinzip, das jeweils die jüngere erwerbstätige Generation zur
Unterstützung der älteren, im Ruhestand lebenden Generation verpflichtet.
So
zahlen die Erwerbstätigen Beiträge an die Rentenversicherung (=Rentenbeiträge)
für die im Ruhestand lebenden Personen. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit,
Überalterung und Staatsverschuldung wird die
künftige Funktionsfähigkeit des Generationenvertrags in Frage gestellt.
Es wächst die Unsicherheit, ob für die Rentenbeitragszahler von heute, wenn sie
selbst im Ruhestand sind, genügend
Mittel zu ihrer Rentenfinanzierung aufgebracht werden können. In der Politik
wird deshalb zunehmend über alternative Modelle zum Generationenvertrag
nachgedacht. Die Rente muss für jung und alt sicher sein, die Kosten zwischen
den Generationen müssen aber auch fair verteilt werden, um den
Generationenvertrag dauerhaft abzusichern.
Bei einer steigenden Zahl älterer Menschen und
einer abnehmenden Zahl der jüngeren, werden die Beiträge nach bisherigem Muster
für die kommende Generation nicht mehr zu verkraften sein. Wenn immer weniger
Junge für die Pensionen älterer Menschen aufkommen müssen, werden die
Zahlungsbeiträge für die „Ruheständler“ nicht mehr reichen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Frage der Überalterung und der Finanzierbarkeit des Pensionssystems, im Rahmen des Generationenvertrages, ist die zunehmende Anzahl der Frühpensionisten/innen, da diese weniger lange Beiträge in die Kassen einzahlen und länger Pensionen ausbezahlt bekommen. Dies alles zusammen stellt in Zukunft die Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems in Frage. Durch die Pensionsreformpläne der neuen Bundesregierung (Anhebung des Pensionsalters um 18 Monate) und den zunehmenden Umstieg auf private Pensionskassen (Förderung durch Abschreibmöglichkeiten) wird versucht diesem Problem entgegenzusteuern.
ƒ Zukünftige Entwicklungen
Vorausblick bis 2030
Nachdem die
Bevölkerungsentwicklung in Österreich in den späten 80er Jahren erstmals seit
dem 2.Weltkrieg beinahe zum Stillstand gekommen ist, gab es zu Beginn der 90er
Jahre durch Zuwanderung noch einmal einen kräftigen Schub, der sich laut
mancher Forschungsinstitute voraussichtlich bis zum wirtschaftlichen Aufschwung
in Osteuropa, den man etwa im ersten bis zweiten Jahrzehnt des neuen
Jahrtausends erwartet, fortsetzen wird. Durch den Rückgang der Geburtenzahlen
wird das innerösterreichische Wachstum begrenzt sein, wodurch der Ausländeranteil
in Österreich auch in Zukunft weiter zunehmen könnte.
Zunehmende soziale Spannungen sind also vorprogrammiert. Nach circa 2020 bis 2030 (Zeitpunkt nicht genau vorhersehbar) ist ein Rückgang der österreichischen Bevölkerung zu erwarten. In dieser Zeit wird auch die Überalterung der österreichischen Bevölkerung ein immer gravierenderes Problem werden. Der momentane Bevölkerungsschwerpunkt, der sich in den Jahren des Babybooms (60er Jahre) befindet, wird im Jahre 2030 das durchschnittliche Pensionsantrittsalter erreicht haben, was das bereits jetzt vorhandene Problem der Pensionsfinanzierung wesentlich verschärfen wird.
Alles
in allem werden also wesentliche Strukturformen in der österreichischen
Gesellschaftspolitik notwendig sein, um all diese Probleme, mit denen wir in
nächster Zeit konfrontiert werden, noch rechtzeitig bewältigen zu können.
Quellenübersicht:
• R. Gisser, Wanderungen 96
(Statistische Nachrichten)
• Elisabeth Lichtenberger, Österreich -
Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik
(Wissenschaftliche
Buchgesellschaft)
• Achter Raumordnungsbericht der
Österreichische Raumordnungskonferenz
• E. Hawlik, Beschäftigung und
Arbeitslosigkeit nach Bezirken (Statistische Nachrichten)
• Kuschnigg - Raab – Reiter, Erde
Mensch Wirtschaft (Hoelzel – Vertrag)
•
• Franz Forster, Diercke Weltatlas
Österreich (Westermann Wien)
• Franz Forster, Diercke Handbuch
(Westermann Wien)
• Homepage des österreichischen
statistischen Zentralamts (www.oestat.gv.at)
• Microsoft
Encarta 2000 Plus
© Christoph Forster, Barbara Gruber, Anna Minichberger, Heidi Scharnreitner, Regina Staudinger