Computerunterstützter
GW-Unterricht und Online-Medien im GW-Unterricht
Beitrag zum Handbuch der Didaktik des GW-Unterrichts
Inhaltsverzeichnis:
1. 10 Thesen anstelle einer Einführung
1.1 Der Computer im GW-Unterricht - eine Notwendigkeit!
1.2 Der Computer - mehr als eine intelligente Schreibmaschine
und ein modernes Spielzeug!
1.3 Computer und Internet - weitere Unterrichtsmedien!
1.4 Computereinsatz - gezielt und effektiv!
1.5 Die Arbeit mit dem Computer ist zeitintensiv und verlangt
Genauigkeit.
1.6 Computerarbeit berührt auch die emotionale und soziale
Seite des Menschen.
1.7 Software muss gekauft und das Urheberrecht muss beachtet
werden!
1.8 GW-Unterricht im Computerraum nicht die einzige
computerunterstützte Unterrichtsform!
1.9 Der Computer - eine Herausforderung für Lehrer!
1.10 GW-Unterricht in nationalen und internationalen Netzwerken
2. Aktueller Stand der didaktischen
Diskussion
3. Hinweise für die Unterrichtspraxis
3.1 Organisationsformen
3.2 Raumgestaltung
3.3 Zeitplanung
Angaben zum Autor: Alfons Koller
Lehrer am Bischöflichen Gymnasium Petrinum, Linz (Österreich)
Lehrbeauftragter in der Lehreraus- und -fortbildung (Universität Salzburg, Pädagogische
Akademie der Diözese Linz, Pädagogisches Institut in Oberösterreich)
Projektleiter des EU-Projektes "HERODOT Using the Web in teaching
Geography"
Adresse: Nöbauerstr. 6, A-4060 Leonding
Fax: +43(int) 0(nat) 732-736581/4419
Email: kol@mail.padl.ac.at
1. 10 Thesen anstelle einer
Einführung
1. Der Computer im GW-Unterricht - eine
Notwendigkeit!
Der Computer hat in den letzten Jahren in viele Wohnungen und
Büros Einzug gehalten. Auch in jeder österreichischen Schule der Sekundarstufe
(Hauptschule, Gymnasium/AHS und berufsbildende Schule/BHMS) steht mindestens ein
Computerraum zur Verfügung, in dem eine gesamte Schulklasse arbeiten kann. Viele Schulen
verfügen auch über einen Zugang zum Internet. Bereits innerhalb der Sekundarstufe I (10
bis 14-Jährige) erhalten Österreichs Schülerinnen und Schüler eine Einführung in die
Bedienung und schulische Nutzung von Computern; manche Schulen setzen darin einen
Schwerpunkt in ihrem Schulprofil. Für alle Schüler ist in der neunten Schulstufe (im
letzten Pflichtschuljahr) der Unterrichtsgegenstand Informatik vorgesehen.
Österreichs Schülerinnen und Schüler haben in großer Zahl diese
Möglichkeiten ergriffen sowie Computer und Internet als Medien weitgehend akzeptiert. Mit
dem Vordringen der Heim-PCs und der günstigen Online-Zugänge nehmen vermehrt auch
Lehrerinnen und Lehrer diese Herausforderung an. Es ist ihre Aufgabe,
computerunterstütztes Arbeiten sowohl online als auch offline - in das Fach
Geographie und Wirtschaftskunde zu integrieren, die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten zu
erkennen, auf ihren Klassen- und Unterrichtssituation abzustimmen und durchzuführen.
Dabei muss Sinnvolles von Weniger-Sinnhaftem getrennt werden und ein Bewusstsein der
Gefahren und Probleme gebildet werden.
2. Der Computer - mehr als eine intelligente
Schreibmaschine und ein modernes Spielzeug!
Während Schüler den Computer in erster Linie als Spiel- und
Schreibgerät einsetzen, bietet er im GW-Unterricht andere Möglichkeiten:
· Geographische Informationsverarbeitung
Computer und Internet im GW-Unterricht eröffnen eine neue Variante der
geographischen Informationsverarbeitung. Zum "Was ist hier?" treten die Fragen
"Wo finde ich ...?", "Worin unterscheiden sich zwei Orte?" oder
"Welche Zusammenhänge bestehen zwischen zwei Regionen?". Diese Fragen sind
dabei auf verschiedenen Maßstabsebenen möglich (lokalm regional, national und
international). Die Antworten dazu können nicht nur durch Zahlen und Texte gefunden,
sondern auch aus Karten und Diagrammen herausgearbeitet sowie durch Bild und Ton
vermittelt werden. Neben Kartographie- und GIS-Programmen ermöglichen auch
Online-Atlanten diese Form der geographischen Informationsverarbeitung
· Simulation
Computerunterstützte Simulationen visualisieren Prozesse und
Zustände. Sie tragen somit zu einem besseren Verständnis geographischer Lerninhalte bei
(z.B. Veränderung der Tag-Nacht-Grenze während eines Tages oder eines Jahres,
Auswirkungen von Ebbe und Flut). Sie erlauben Extrapolationen oder das Überprüfen von
Hypothesen (z.B. Bevölkerungsentwicklung, Abtragungsprozesse, Verkehrsentwicklung,
ökonomische und ökologische Zusammenhänge). Damit fördern sie das Arbeiten mit
Modellen und das Denken in vernetzten Systemen.
· Abruf von Informationen von einer CD oder
einem Internetserver
Topographische Karten, Satellitenbildkarten, Länderlexika und
Sammlungen von geographisch relevanten Bildern und Videos werden auf CD-Rom angeboten.
Auch das Scannen und Speichern eigener Fotos und Dias auf CD ist auf ein finanzierbares
Preisniveau gefallen. Die digitale Fotographie, Videoaufnahme und -verarbeitung werden
folgen. Weiters werden via Internet raumrelevante Informationen in verschiedenen Sprachen
angeboten. Somit steht dem GW-Unterricht eine unüberschaubare Datenfülle zur Verfügung.
Sie ist in zentralen Orten und in der Peripherie gleichermaßen verfügbar und kann auch
kurzfristig (z.B. bei aktuellen Anlässen) abgerufen werden. Kluges Auswählen und die
Anleitung zur gezielten Verarbeitung dieser Informationen werden dabei wesentliche
Aufgaben der Lehrenden sein.
3. Computer und Internet - weitere
Unterrichtsmedien!
Im GW-Unterricht werden eine Vielzahl von Medien eingesetzt,
die sich in der Tradition des Faches bewährt haben. Der Computer und Online-Medien treten
als zusätzliche Möglichkeiten hinzu, und nur manche traditionelle Medien können dadurch
ersetzen werden. In diesem "Wettbewerb der Medien" muss der Lehrer nach dem
Motto "Qualität vor Quantität" entscheiden, welchem Medium er den Vorzug gibt,
wie er die Lernziele und Unterrichtsinhalte - in der verfügbaren knappen Zeit - wertet
und reiht.
4. Computereinsatz - gezielt und effektiv!
Wird der Computer innerhalb einer Unterrichtssequenz
eingesetzt, so ist eine gezielte Vor- und Nachbereitung notwendig:
· Die Schüler müssen im Vorhinein genaue
Arbeitsaufträge und Hinweise zur Bedienung erhalten. Probieren oder Experimentieren nach
dem Motto "Na, was kann das Programm doch alles?" sollte vermieden werden.
· Während der Arbeit erweist es sich oft
als günstig, Erkenntnisse und Zwischenergebnisse im Heft zu notieren bzw. auszudrucken.
Damit wird ein erster Schritt zur Sicherung des Unterrichtsertrages getan.
· Im Nachhinein ist auf die Auswertung
besonders Wert zu legen. Durch das Sammeln der Arbeiten aus den Schülergruppen (durch
Kurzberichte oder kleine Referate) wird eine Vielfalt von Ergebnissen erreicht und werden
Fehler korrigiert. Im Zuge dieser Arbeitsphase erhält die Rolle des Lehrers eine
besondere Bedeutung.
Nur in dieser integrierten Form erscheint ein Computereinsatz im
GW-Unterricht als sinnvoll. Der Einsatz mancher Programme als Stundenfüller (in Supplier-
oder "Weihnachtsstunden") ist abzulehnen.
5. Die Arbeit mit dem Computer ist zeitintensiv
und verlangt Genauigkeit.
Wer mit Computern arbeitet, macht oft die Erfahrung, dass die Zeit
besonders schnell vergeht. Das Erteilen der Arbeitsaufträge, das Starten der Rechner und
der Aufruf eines bestimmten Programms nehmen zusätzlich Zeit in Anspruch. Weiters sollen
Rechner und Computerraum ja auch wieder ordnungsgemäß verlassen werden. Wenn außerdem
eine erste Ertragssicherung noch in dieser Unterrichtseinheit erfolgen soll, erweist sich
eine Doppelstunde als günstig.
Die Computer- und Internetarbeit verlangt vom Lehrer auch eine
zeitintensive Vorbereitung: Er soll das Programm oder die Web-Seite kennen. Die Software
muss auf den Schulcomputern installiert werden. Die Gestaltung von Arbeits- oder
Anleitungsblättern erfordert zusätzliche Vorbereitungszeit. Für die Effektivität des
Unterrichts ist dies aber wichtig.
Die Arbeit am Computer setzt große Konzentration voraus. Genauigkeit
ist im Umgang mit der Maschine und bei der Bedienung der Programme gefragt. Die Abfolge
der Arbeitsschritte ist in vielen Fällen exakt einzuhalten. Mitdenken und logisches
Schließen ist oft gefragt. Ermüdungserscheinungen sind deshalb nach einiger Zeit
möglich.
6. Computerarbeit berührt auch die emotionale
und soziale Seite des Menschen.
Computerspiele sind - oft zurecht - in Verruf geraten. Einen
Kontrapunkt dazu könnte das "Didaktische Spiel" am Computer darstellen. Als
'lustige' Ergänzung zur 'harten' Schul-Arbeit schafft es eine Vielzahl emotionaler
Bezüge. Es motiviert, bestärkt und hilft, 'Rückschläge' leichter zu ertragen. Die
"Story" und in manchen Programmen auch der Wettbewerb dürfen aber nicht die
Lerninhalte verdecken. In diesem Sinne kann z.B. 'trockenes' Topographielernen, in die
animierende Story einer Weltraumfahrt verpackt, viel Spaß bereiten.
Arbeiten Schüler an Computern, so geschieht dies heute zumeist in
Kleingruppen (2 - 3 Personen pro PC). Soziale Interaktionen sind notwendig und können auf
unterschiedliche Weise (dominant oder partnerschaftlich) erfolgen. Auf jeden Fall wird das
Finden von gemeinsamen Lösungen und Ergebnissen gefördert und Teamarbeit trainiert.
Medien im Allgemeinen und der Computer als Unterrichtsmedium im
Speziellen geben immer einen Anschein von Objektivität vor. Es ist deshalb die Aufgabe
des Lehrers, auf diese Problematik hinzuweisen, die Ergebnisse zu relativieren und die
Unterschiede zwischen Modell und Realität aufzuzeigen.
7. Software muss gekauft und das Urheberrecht
muss beachtet werden!
Unterrichtssoftware und Online-Medien stammen meist von Lehrern, die
diese in ihrer Freizeit programmieren. Das Entgelt, das sie dafür verlangen, reicht bei
weitem nicht für die Abdeckung der notwendigen Investitionen aus. Bedenkt man, daß die
Entwicklung eines guten Unterrichtsprogramms mindestens 1000 Arbeitsstunden in Anspruch
nimmt und die verkaufte Stückzahl im Bereich von Zehnern bis zu wenigen Hundertern liegt,
so ist ein minimaler Stundenlohn vorbestimmt. Werden nun Programme noch 'schwarz' kopiert,
so ist dies nicht nur illegal, sondern es zerstört auch den 'zarten' Markt für
Unterrichtssoftware. Weitere Programmentwicklungen werden dann ausbleiben!
8. GW-Unterricht im Computerraum nicht
die einzige computerunterstützte Unterrichtsform!
Vielerorts klagen GW-Lehrende, dass Computerräume durch andere
Unterrichtsfächer überbesetzt sind (speziell in berufsbildenden Schulen und in Schulen
mit Informatik-Schwerpunkten). Auch aus der Sicht der Schüler ist eine Monokultur des
Unterrichts im Informatikraum nicht wünschenswert.
Deshalb bietet sich als Alternative ein tragbares oder fahrbares Gerät
für das Klassenzimmer an. Ein Notebook mit integriertem Overhead-Display oder gemeinsam
mit einer Großbildprojektion kann mit geringem Aufwand und für kürzere Zeit im
Unterricht eingesetzt werden. An manchen Schulen gibt es bereits
Multimedia-Arbeitsstationen und Internetanschlüsse in Klassenzimmern. Auch manche
Schüler werden in Zukunft ihre privaten Notebooks in den Unterricht mitnehmen. Damit sind
differenzierte Aufgabenstellungen und Demonstrationen im Klassenverband leichter möglich.
Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang der Heim-PC bereits
gewonnen. Computer sind heute weitgehend verfügbar und auch Internetzugänge dringen
rasch vor. Nicht die Frage, wie dies gefördert oder verhindert werden kann, steht für
uns zu Diskussion, sondern vielmehr:
- Wie lernen Schüler, die diese technischen Möglichkeiten nicht besitzen?
- Welche Auswirkungen hat Edutainment-Software (Education + Entertainment) in der Freizeit
der Schüler auf den Schulunterricht?
- Wie reagieren Lehrende und die Schule im Allgemeinen auf die neuen Möglichkeiten in der
selbstständigen Schülerarbeit?
9. Der Computer - eine Herausforderung für
Lehrer!
Lehrer lernten zumeist in ihrer eigenen Schul- und Ausbildungszeit
den Computer nicht kennen. Auch 1999 wird nur an wenigen Universitäten und Pädagogischen
Akademien der Computer in die Ausbildung integriert. Ebenso lassen Schwerpunkte in diesem
Bereich auch in der Lehrerfortbildung auf sich warten.
Die Anschaffung und Erneuerung eines eigenen Heim-PCs sowie der
Internetzugang verursachen permanent Kosten. Manche fragen sich auch: "Habe ich nicht
bisher ohne Computer auch gut unterrichtet?" - Natürlich, aber die
Auseinandersetzung mit dem Computer ist notwendig! Erst wer sich selbst informiert, kann
entscheiden, wo ein Einsatz sinnvoll und wo er weniger sinnhaft ist.
Die Zeit, sich in ein Programm einzuarbeiten, Arbeitsaufträge zu
formulieren und die Forderung, bei der Computerarbeit allen Schülergruppen ausreichend
Hilfestellung zu geben, sind eine große Herausforderung für den Lehrer. - Sieht man die
Ergebnisse und die Begeisterung mit der sich viele unserer Schüler am
computerunterstützten Unterricht beteiligen, so lohnt sich dieser Einsatz.
10. GW-Unterricht in nationalen und
internationalen Netzwerken:
Die elektronische Weitergabe von Daten, Programmen und
Informationen via Mailbox und Netzwerk (z.B. Internet) hat gesellschaftliche Relevanz
erreicht. Faxen, 'Electronic mailing' (Email), Zugriffe auf Datenbanken und
Programmbibliotheken, Übermittlung von Text- und Bilddateien für Unterrichtszwecke (bis
hin zu Video- und Multimedia-Anwendungen) sowie Updating und Wartung von Software sind
Möglichkeiten, die bereits zur Verfügung stehen; was die weitere Zukunft bringt, wage
ich nicht abzuschätzen.
Information wird in zunehmendem Maße ausschließlich in dieser
elektronischen Form angeboten; wer die Möglichkeit besitzt und die notwendige Technik
beherrscht, ist imstande, sie zu lesen und für sich zu nutzen. Auch Unterrichtsmaterial
für den GW-Unterricht ist auf diesem Wege zu erhalten (Vgl. http://gw.eduhi.at).
In diesem Sinne erhält auch der geographische Raum eine neue
Interpretation. Durch weltweite Netze rücken ferne Orte - zeitlich und finanziell - sehr
nahe; nächstgelegene hingegen, die ohne Computer- und Netzanschluß sind, werden dagegen
nahezu unerreichbar.
2. Aktueller Stand der didaktischen Diskussion
Eine ausführliche Diskussion über die Didaktik des Computer- und
Interneteinsatzes im GW-Unterricht hat bisher im deutschsprachigen Raum kaum
stattgefunden. Nur wenige Universitätsinstitute und Pädagogische Akademien haben diese
Herausforderung schon angenommen. Einzelinitiativen wären vor allem an den Universitäten
Salzburg, Nürnberg-Erlangen und Frankfurt, an einzelnen Pädagogischen Akademie (z.B.
jene der Diözese in Linz) sowie beim "gothaer forum" für den
Geographieunterricht zu nennen.
Die veröffentlichte deutschsprachige Literatur beschränkt sich
weitgehend auf eine Beschreibung einzelner Programme und auf Vorschläge und Berichte
über einen Unterrichtseinsatz. Wünschenswert wäre die Erstellung und Verbreitung von
"Didaktischen Materialien", die aus Anleitungsblättern, Unterrichtsskizzen,
Arbeitsblättern und technischen Hinweisen bestehen. Auch die Weitergabe von hochwertigem
Unterrichtsmaterial von und für Lehrer (Tauschbörse, etc.) wird kaum wahrgenommen. Als
Muster könnten studentische Arbeiten aus der Universität Salzburg dienen, die in der
Broschüre "GW und Informatik II" veröffentlicht wurden.
Die Anzahl der Publikationen zu diesem Themenbereich scheint mir seit
der Mitte der 90-er Jahre rückläufig zu sein. Eine begleitende didaktische Forschung
über die Evaluation der Unterrichtssoftware wäre in Österreich ebenso wünschenswert,
wie sie auch für die Weiterentwicklung der Programme und Online-Anwendungen notwendig
ist. Als Beispiele könnten Arbeiten aus den Universität Nürnberg-Erlangen und FU Berlin
sowie am Pädagogischen Institut in Oberösterreich dienen.
Die entscheidende Rolle für eine Breitenwirkung des Computereinsatzes
im GW-Unterricht spielen Lehreraus- und -fortbildung. Diese erlauben Lehrern das Testen
der Programme, das vor jedem Kauf notwendig ist. Sie geben ihnen Sicherheit in der
Bedienung. Sie bilden parallel zu den zukünftigen elektronischen Netzwerken auch eine
Plattform für den Erfahrungsaustausch. Regelmäßig fanden fachspezifische
Fortbildungsveranstaltungen diesbezüglich in den österreichischen Bundesländern
Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg sowie an der Universität Salzburg
(Geoinformatikseminar in der Woche nach Ostern) statt (siehe GW-Unterricht Nr. 59/1995 -
Wolfgang Sitte - S. 41-45 und Nr. 66/1997 - Karl. H. Hochschorner, S. 77-79).
Generell ist in der Diskussion über den Computer- und Interneteinsatz
im Unterricht eine sehr starke "Hardware-Orientierung" zu erkennen; d.h. man
überlegt, ob das betreffende Programm heute (bei den aktuellen Hardwarebedingungen, zu
den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln) in der Schule verwendet werden kann. Zuwenig
wird über die Forderungen der Zukunft nachgedacht, was soll Software oder ein
Online-Angebot können, unter welchen didaktischen Konzepten ist der Einsatz sinnvoll. Wie
die Geschichte des letzten Jahrzehnts zeigt, ändern sich Hardwareplattformen rapide und
überholen jede Software- und didaktische Entwicklung. Deshalb ist es höchste Zeit, damit
sofort zu beginnen!
3. Hinweise für die Unterrichtspraxis
3.1 Organisationsformen
· Ein Computer im
Klassenzimmer:
Ein kleines tragbares Gerät (Notebook oder Laptop) oder ein Computer
auf einem fahrbaren Wagen ("Multimedia-PC") wird ins Klassenzimmer mitgenommen
und dort eingesetzt. Denkbar wäre es aber auch, dass der Unterrichtsraum einen Anschluss
an das lokale Computernetzwerk der Schule und an ein globales Netzwerk (z.B. das Internet)
besitzt.
Der Lehrer oder ein Schüler bedient den Computer und frägt
geographische Information ab (z.B. Encarta Weltatlas, Planet Erde, Geothek-Weltatlas,
Satellitenbildatlas Österreich, interaktive Online-Atlanten oder andere Web-Dienste des
Internets). In dieser Form können Daten zu aktuellen Ereignissen (z.B. Börsenkurse,
Wettersatellitenbilder, Bilder eines Vulkanausbruchs oder eines Wirbelsturms) oder nach
individuellen Erfordernissen (bei Referaten, Fachbereichs- oder Projektarbeiten sowie bei
offenem Lernen) verarbeitet werden.
Wird eine Simulation demonstriert (z.B. Geoclock, bp-Flut, Ökonomia,
Geolab), so können die Ergebnisse bekanntgegeben, graphische Darstellungen betrachtet
oder - im Idealfall - "over head" projeziert werden.
Diese Form des Computereinsatzes erfordert nicht den oft langen und
zeitraubenden Weg in den Computerraum; sie erlaubt die Arbeit im gewohnten Klassenzimmer.
Zeitpunkt und Dauer des Computereinsatzes kann nach den Gegebenheiten festgelegt werden.
Ist in das Notebook ein Overheaddisplay integriert oder ein eigenes Overheaddisplay bzw.
eine Großbildprojektion an der Schule vorhanden, so kann jeder Schüler die Ergebnisse an
der Wand mitverfolgen.
· Kleingruppenarbeit im Computerraum:
Findet der GW-Unterricht im Computerraum statt, so können Schüler in
Kleingruppen Diagramme und thematische Karten erstellen oder abrufen, diese interpretieren
und ihre Erkenntnisse ins Heft oder auf ein Arbeitsblatt notieren. Die Schülergruppen
können dabei an gemeinsamen oder an unterschiedlichen Aufgabenstellungen arbeiten. Im
Klassenplenum werden dann die Ergebnisse vorgestellt, miteinander verglichen und
gegebenenfalls korrigiert.
In dieser Unterrichtsform läßt sich ein hohes Maß an
Schüleraktivität erreichen. Jeder Schüler ist beschäftigt (Tastatur, Maus,
Mitschrift). Arbeitsteilung und Toleranz gegenüber dem Langsameren müssen geübt werden.
Durch das gemeinsame Finden von Lösungen und Entscheidungen werden soziale Lernprozesse
besonders gefördert. Bei den meisten Anwendungen hat sich eine Gruppengröße von 2 bis 3
Schülern als ideal erwiesen.
Nur bei manchen Programmen erweist sich eine größere Gruppengröße
als sinnvoll (z.B. beim computerunterstützten Rollenspiel Stadtplanung Karberg);
andernfalls treten Sitz- und Sichtprobleme auf.
· Einzelarbeit im Computerraum oder am
Heim-PC:
Bei Einzelarbeit am Computer stehen individuelle Fragestellungen und
Lernziele im Vordergrund. Jeder Schüler erforscht beispielsweise seine Heimatgemeinde und
vergleicht diese mit den Nachbargemeinden. Er bereitet sich auf ein Referat vor und
erstellt ein entsprechendes Thesenblatt.
Geübte Schüler bevorzugen diese Arbeitsweise. So sind sie ungestört
und kommen am schnellsten voran. Schwächere und ungeübtere Schüler scheitern allerdings
oft an der Bedienung des Programms oder am Auffinden der richtigen Informationen. Die
Mithilfe der Teamkollegen fehlt. Einzelarbeit kann in diesem Sinne auch isolierend wirken;
soziale Lernziele bleiben außer Betracht.
3.2 Raumgestaltung
Klassenzimmer mit Computerausstattung sollen hell und geräumig
sein. Enges Sitzen behindert die Arbeit am Gerät (z.B. das Mitschreiben), es hemmt die
Lernfähigkeit und drückt die Stimmung.
Das Problem der Lautstärke ist nicht zu unterschätzen, da bei
Partner- oder Kleingruppenarbeit auch gesprochen werden muss. Lärmdämmende Vorhänge und
gedämpftes Sprechen können eine gewisse Abhilfe schaffen.
Bei frontaler Anordnung der (i.a. großen) Computertische ist oft ein
zu geringer Kontakt zwischen dem Lehrer und den Schülern in den letzten Reihen
festzustellen. Die Schüler verschwinden hinter den Geräten. Sind hingegen die
Computertische in Arbeitsgruppen oder entlang der Wände aufgestellt, fehlt der
Blickkontakt zwischen Schülern und Lehrer. Informationen von zentraler Stelle erreichen
oft nicht ihre Adressaten.
Als günstig erweist sich die Möglichkeit eines Sitzplatzwechsels:
Frontal angeordnete Tische und Sessel für die gemeinsame Information aller und
Gruppenarbeit am Computer in kleinen, zueinander gerichtete Einheiten. Dieser große
Raumbedarf wird an vielen Schulen allerdings die räumlichen Möglichkeiten sprengen. Als
Ziel wäre dies aber wünschenswert.
Von einer Aufstellung der Computer parallel zu Fenstern ist wegen des
direkten Einfalls des Sonnenlichts und der Gefahr der Reflexionen abzusehen. Eine helle,
griffige Tischoberfläche und ein Maus-Pad erleichtern die Arbeit mit der Maus.
Zimmerpflanzen und gezielte Wandgestaltung wären von Seiten der Ergonomie weiters zu
empfehlen.
3.3 Zeitplanung
Computerarbeit ist zeitintensiv! In vielen Fällen - insbesondere
bei der Arbeit im Computerraum - sind Doppelstunden von Vorteil. Da oft
fächerübergreifende Aspekte (Biologie, Mathematik, Fremdsprachen, Deutsch,
Informatik/EDV/ADV) in Betracht kommen, sollte man ein Gespräch mit dem jeweiligen
Fachkollegen über einen Stundentausch oder eine Kooperation versuchen.
An die Häufigkeit der Arbeit im Computerraum sollten keine zu hohen
Erwartungen gerichtet werden. Bei innovativen Lehrern pendelt sie zwischen einmal pro
Semester und einmal im Monat. In manchen Fällen ist aber auch eine geschlossene
Unterrichtssequenz in Computerraum sinnvoll. Höhere Werte würden Gewöhnungseffekte und
Monotonie bei den Schülern hervorrufen. Auf jeden Fall sollte die Motivation vom
Lernziel, den Methoden und Inhalten und nicht von den Geräten und der Faszination
technischer Möglichkeiten ausgehen. Ein integrierter Computereinsatz wird sicherlich von
der Themengestaltung, der zur Verfügung stehenden Software (Daten und Programme) und der
speziellen Situation in den einzelnen Klassen und Schulen abhängen. Die Entscheidung muss
deshalb beim Lehrer liegen.
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